Flusserlebnis Wiesent in der Fränkischen Schweiz

Susanne Anker

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Flusserlebnis Wiesent - Fränkische Schweiz

"Flusserlebnis Wiesent" im Wiesenttal vorgestellt – Kompromiss gefeiert

Es war ein zähes Ringen um das Für und Wider des Kanusports auf der Wiesent. Ein regelrechter Kampf um Mittelwege und Nebensachen zwischen den einzelnen Interessengruppen, Verbänden und Behörden und ein langwieriger und schwieriger Weg unter der Regie der Regierung von Oberfranken.
Herausgekommen dabei ist nun das "Flusserlebnis Wiesent" - dokumentiert in einer Faltbroschüre über den Kanusport – und ein Infosystem für Kanufahrer das von Regierungspräsident Hans Angerer und Landrat Reinhardt Glauber an der Wiesent bei Streitberg der Öffentlichkeit, den Vertretern der Verbände und allen "Wiesent-Bürgermeistern" vorgestellt wurde.

Gleich hinter der Wiesentbrücke an der Gemeindeverbindungsstraße zwischen Streitberg und Niederfellendorf stehen nun zwei riesige, farbenfrohe und mit viel Lesestoff versehene Infotafeln. Einmal die Infotafel "Flusserlebnis Wiesent" die dem Paddler in übersichtlicher Form den Inhalt der am 1. Juni letzten Jahres in Kraft getretenen neuen Gemeingebrauchsverordnung der Wiesent und seiner Nebengewässer erklärt und zum anderen eine ebenso große Info-Tafel des Bezirksfischereiverbands Oberfranken mit Erläuterungen zu den Fischarten in der Wiesent, den Laichplätzen und zum Gewässerschutz. Ganz groß auf beiden Tafeln zu lesen, dass ein Verstoß gegen die neuen Regeln bis zu 5000 Euro kosten kann.

Weitere vier solcher Infotafeln stehen auch noch zwischen Waischenfeld und Ebermannstadt und außerdem wurden die Bootein- und Ausstiegstellen weitgehend hergerichtet und beschildert. Gekostet hat die Gesamtmaßnahme "Flusserlebnis Wiesent" einschließlich der 20 000 Faltblätter, die  an den Info-Tafeln mitgenommen werden können und in den Tourist-Informationen der Gemeinden, dem Bayerischen Kanu-Verband und den örtlichen Bootsbetreibern erhältlich sind, rund 15 000 Euro.

Eine 70-prozentige Förderung dieser Kosten hat die Regierung von Oberfranken dem Naturpark Fränkische Schweiz–Veldensteiner Forst als Träger der Maßnahme bewilligt und den Rest der Kosten bezahlen der Landkreis Forchheim (80 Prozent) und der Landkreis Bayreuth (20 Prozent) gemäß ihrem Flusssteckenanteil. Landrat Glauber sprach von einer überaus positiven und guten Zusammenarbeit aller an diesem Projekt beteiligten Interessengruppen, von einer im Vorfeld aufgeheizten Atmosphäre die während der langwierigen Diskussion entschärft werden konnte aber auch davon, dass natürlich schlagartig nun nicht alle Probleme verschwunden seien. "Einzelne Grundeigentümer und Fischereiberechtigte stehen dem Kanubetrieb weiterhin skeptisch gegenüber", so Glauber. Das neue Konzept sei aber eine gute Basis für die weitere Verständigung der Interessengruppen. Er hoffte folglich, dass die Projektgruppe ihr Engagement fortsetzt, denn erst die Zukunft werde zeigen, ob die nun realisierte Maßnahme funktioniere. Die Kontrolle werde aber auch eine wichtige Aufgabe der Zukunft sein. Einen naturverträglichen Bootsverkehr auf der Wiesent bezeichnete der Landart als eine "kontinuierliche Herausforderung". 1923 gab es bereits die ersten Paddler auf der Wiesent doch genau 70 Jahre später, im Jahrhundertsommer 2003 kam es zu einem "überbordenden Kanuverkehr" und einen Sommer später förderte eine Bootszählung im Auftrag des Fischereiverbands Oberfranken beängstigende Zahlen ans Tageslicht. Durchschnittlich wurden pro Tag vor zwei Jahren 146 Boote mit 224 Personen gezählt die die Wiesent hinunterschipperten. Rein rechnerisch alle 2,7 Minuten ein Boot und als Spitzenwert wurden 300 Boote mit rund 450 Personen an einem Tag registriert. Spätestens da war ein Handlungskonzept notwendig um die Wiesent als Teil des europäischen Biotopverbunds "Natura2000" als Lebensraum so bedrohter Arten wie Eisvogel, Bachneuenauge, Mühlkoppe oder Bachmuschel zu schützen und zu erhalten, so Glauber. Andererseits sei aber gerade auch der Kanusport eine wichtige Nische für Aktivurlauber in der Fränkischen Schweiz, mit wachsender Bedeutung als Wirtschaftsfaktor. Regierungspräsident Angerer sprach von einer "schwierigen Diskussion" und bedauerte, dass die Kompromisslösung noch nicht von allen mitgetragen werde und außerdem noch Rechtsbehelfe anhängig seien. "Wahrscheinlich wird aber ein Kompromiss der richtige Weg sein und ich glaube, wir haben ihn gefunden" so Angerer, der riet, dass der Arbeitskreis bestehen bleibt um "weitere Verbesserungen diskutieren zu können". Albert Schütze, Ehrenpräsident des Bezirksfischereiverbands, verwies darauf, dass die Wiesent das am stärksten belastete Fließgewässer Oberfrankens ist. "Die Wiesent hat wegen 100 000 Tonnen Schlamm nicht mehr genug Luft zum atmen. Die müssen dringend raus", forderte Schütze um die Wiesent als lebendiges Ökosystem auch noch die nächsten 100 Jahre und mehr erhalten zu können. Nach Schützes Oberfränkischer Fischuhr ist es für manche Arten wie den Lachs, das Flußneuenage, den Steinbeißer oder die Nase und den Edelkrebs in der Wiesent schon fünf Minuten nach 12. Sie gelten bereits als "verschollen" und ihr Bestand könne, wenn überhaupt, nur mühsam wieder aufgebaut werden. Rudi Frieser, Vizepräsident des Bayerischen Kanu-Verbands zeigte sich in "begeistert" von der Neuregelung der Reglementierung des Bootsverkehrs auf der Wiesent und seiner Nebengewässer auf denen eine Bootsbefahrung nun generell verboten wurde. "Wichtig ist, dass die Wiesent für uns befahrbar bleibt", so Frieser, der sich von der Neuregelung "nicht besonders begeistert" zeigte aber dennoch mit dem nun gefundenen Kompromiss zufrieden war. "Die Nebenbäche hätten wir aber gerne weiterhin befahren" so Frieser. Wiesenttals Bürgermeister Helmut Taut drückte es am Ende so aus: "Wir feiern heute den Kompromiss".


Susanne Anker

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